Renaissance der Blasmusik

Ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 22. August 2017:

Martin Hirsch, Dirigent der Stadtkapelle Erding, spricht über das Herbstfest, über das Erlernen von Blasinstrumenten und über die Jugend, die gerne Tracht trägt und sich wieder für traditionelle Musik interessiert.

Interview von Carolin Fraunhofer, Erding
Bayerische Traditionen: Herausgeputzt in schöner Tracht, süffiges Bier aus dem Maßkrug und dazu eine leckere Brotzeit und Blasmusik. Dieses Bild zeigt sich in Erding bald wieder, wenn am 25. August das Herbstfest beginnt. Auch die Stadtkapelle Erding ist wieder im Einsatz, um dem Herbstfest einen feierlichen Rahmen zu geben. Mit dem Standkonzert der Stadtkapelle am Schrannenplatz wird der Startschuss für das 77. Herbstfest gegeben, das bis zum 3. September stattfindet.

Die SZ sprach mit Martin Hirsch, dem Dirigenten der Stadtkapelle Erding.

SZ: Herr Hirsch, Volksfest und Blasmusik – das gehört zusammen, oder?

Martin Hirsch: Also für mich auf jeden Fall. Die Blasmusik war schon immer zur Untermalung gesellschaftlicher Festivitäten im Einsatz. Früher noch mehr als Tanzmusik und das aber auch nicht nur in Bayern. Die Tschechei hat mit der böhmischen Blasmusik ebenfalls eine große Tradition.

In Bayern schreibt man sich diesen Brauch wohl oft gerne zu.

Früher wurde eben Blasmusik gespielt, man hat ja auch keine andere gehabt. Mit einem Blasinstrumenten kommt man beim Erlernen auch schneller auf einen grünen Zweig. Und die meisten, denen man damals ein solches Instrument in die Hand gedrückt hat, haben das Anfangsstadium wohl auch nicht überschritten. Heute hat sich der Instrumentalunterricht erheblich weiterentwickelt.

Heute müssen Sie hoffentlich auch niemanden mehr zwingen, in die Stadtkapelle zu kommen.

Nein, die Blasmusik durchlebt derzeit eher eine Renaissance. Die jungen Menschen mischen, was ihnen gefällt. In letzter Zeit sind da oft auch wieder Blasinstrumente dabei. Bestes Beispiel dafür ist die Brass Wiesn in Eching. Was ich so beobachte auf den Volksfesten, auf denen ich ja zum Teil auch selbst spiele, ist, dass die Jugendlichen wieder Spaß dran haben, Tracht zu tragen. Allgemein scheint das wieder im Trend zu sein. Mittlerweile sitzt ja fast das ganze Zelt in Lederhose und Dirndl da. In den Achtzigern war das völlig out. Ich denke, das geht einher mit der Blasmusik.

Also haben Sie auch viele junge Musikanten in der Stadtkappelle?

Oh ja! Ich würde sagen, der Altersdurchschnitt ist grob bei etwa 24 oder 25 Jahren. Der Älteste ist zwar auch schon 78 Jahre, aber die meisten sind in der Gruppe bis 27.

Hat sich das Repertoire dadurch verändert, dass so viele Junge mitspielen?

Na ja, wahrscheinlich anders, als Sie jetzt denken. Am Volksfest spielen wir nur noch traditionelle Blasmusik. Unser Abba Gold Medley fand dort nicht so großen Anklang.

Wie läuft das am Herbstfest nun eigentlich ab? Sie haben Ihre Auftritte alle bereits am Mittag und Nachmittag, teilweise auch unter der Woche.

Das ist eine Mordsorganisation! Das ganze kann nur funktionieren, weil das Ensemble aus vielen Menschen besteht, die sich viel Urlaub dafür nehmen. Die Musiker freuen sich sehr auf das Herbstfest. Für die Erdinger ist das, glaube ich, das wichtigste Fest im ganzen Jahr.

Als Stadtkapelle repräsentieren Sie nicht nur am Herbstfest die Stad. Sind Sie da nicht beleidigt, dass die Stadtkapelle an keinem Tag am Abend spielen darf?

Nein, beleidigt sind wir da nicht. Wir sind sehr dankbar, dass wir so viel spielen dürfen. Auch mal fünf, sechs Stunden am Stück. Trotzdem fände ich es natürlich sehr schön, wenn die Entwicklung dahin gehen würde, dass wieder mehr traditionelle Blasmusik gespielt wird. Ein eigenes Blasmusikzelt wäre natürlich super.

Sie sind kein Fan der Partybands auf dem Herbstfest?

Also für mich persönlich ist das nichts, oder nichts mehr. Aber diese Bands haben natürlich durchaus ihre Daseinsberechtigung.

Wie halten Sie es dann mit dem bekannten „Prosit der Gemütlichkeit?“

Das hängt von der Tagesform ab. Wir haben da keine offiziellen Anweisungen. Wir schauen eben, wie die Stimmung im Zelt ist, und schieben dann ein Prosit ein oder lassen es. Ich persönlich mag das nicht so gerne, das übernehmen dafür gerne die Jungen. Aber ich gebe es gerne ab, dann wirkt es auch gleich viel authentischer.

Kommt es da auch manchmal vor, dass einer der Musiker zu viel mit prostet?

Es gibt ja dieses Klischee, Blasmusik sei eine akustische Bierverdunstung. Bei uns trifft das nicht zu, da wir viele Jugendliche in unseren Reihen haben. Besonders wegen der Jugendarbeit schau ich da schon drauf, dass keiner von der Bühne kippt.

Stehen noch viele Proben für das Herbstfest an?

Wir haben schon im Juli angefangen mit den Proben, um unser Repertoire um etliche neue Stücke zu erweitern. Jetzt stehen vor allem noch die Marsch-Proben an, damit beim Auszug der Wirte alles glatt läuft.

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